Kapitel 1. Nina Van Gorkom. Abhidhamma im Alltag


Die vier Paramattha Dhamma


Man unterscheidet zwei Wirklichkeiten: geistige Phänomene oder nāma und physische Phänomene oder rūpa. Nāma erlebt etwas rūpa erlebt nichts.

Sehen ist z.B. eine Art von nāma, es erkennt das Sichtbare. Das Sichtbare jedoch ist rūpa, es erkennt nichts. Was wir für ein' Selbst' hielten, sind nur nāma und rūpa, die entstehen und vergehen. Der 'Visuddhimagga' („Pfad der Reinheit", ein Kommentar) erklärt (Kapitel XVIII, 25):

So wurde berichtet:
'Wie bei der Zusammensetzung von Einzelteilen Das Wort 'Wagengespann' gutgeheißen wird, So wird, wenn die khandhā 1 vorhanden sind, Das Entstandene gewöhnlich 'ein Wesen' genannt.'
Samyutta Nikāya I, 135


So ist in vielen hundert Sutten nur von Mentalität - Stofflichkeit (Geist - Materie) die Rede, die dann erläutert werden, nicht von einem Wesen oder einer Person. Wenn nämlich die Bestandteile eines 'Wagengespanns', wie Achsen, Räder, Gestell, Deichsel usw. auf eine bestimmte Art angeordnet sind, werden sie gewöhnlich als 'Wagen' bezeichnet.
Letztlich gibt es jedoch, wenn jedes Teil geprüft ist, keinen 'Wagen'. Ebenso entsteht die nur konventionelle Bezeichnung 'Wesen' oder 'Person'. Jedoch gibt es im eigentlichen Sinne, wenn jedes Bestandteil untersucht ist, keine Substanz als Grundlage für die Annahme 'Ich bin' oder 'Ich'. Letztlich gibt es nur Materie-Geist. Die Anschauung eines jeden, der so sieht, wird zu Recht 'Erkenntnis' genannt.

Alle Phänomene in und um uns sind nur nāma und rūpa, die entstehen und vergehen. Sie sind unbeständig. Nāma und rūpa sind absolute Wirklichkeiten2, in Pali: paramattha dhamma. Wir können ihre Charakteristika erfahren, wenn sie sich zeigen, wie immer wir sie auch nennen: Sie brauchen nicht unbedingt nāma oder rūpa genannt zu werden. Jene, die den 'Klarblick' (vipassanā) entfaltet haben, können nāma und rūpa erleben, wie sie tatsächlich sind: vergänglich und unpresönlich (anicca und anatta). Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, körperliche Gefühle, Empfindungen und Denken, alle diese nāma sind unbeständig.

Allgemein nehmen wir an, ein 'Selbst' führe die verschiedenen Funktionen des Sehens, Hörens und Denkens aus. Was aber ist dieses 'Selbst'? Ist es eins der nāma? Je mehr wir verschiedene nāma und rūpa durch das Erleben ihrer Eigenschaften kennenlernen, um so deutlicher werden wir sehen, daß 'Selbst' nur ein Begriff nur eine Idee ist. Es ist kein paramattha dhamma,keine fundamentale Wirklichkeit.

Nāma sind geistige Phänomene, rūpa sind physische Phänomene Nāma und rūpa sind zwei verschiedene Wirklichkeiten. Wenn wir sie nicht voneinander unterscheiden und die Charakteristika jedes einzelnen kennen, werden wir sie auch weiterhin für ein Selbst halten.
Hören z.B. ist nāma. Es besitzt keine Form, es hat keine Ohren, es ist etwas anderes als Gehörsinn. Es hat jedoch Gehörsinn als notwendige Bedingung. Nāma, das hört, erlebt Klang als Objekt.

Gehörsinn und Töne sind rūpa. Sie erfahren nichts, sie sind vollkommen verschieden von dem nāma, das hört. Wenn wir nicht durch unmittelbare Erfahrung lernen, daß Hören, Gehörsinn und Ton verschieden voneinander sind, werden wir immer wieder annehmen, es sei ein 'Selbst', das hört. Im 'Visuddhimagga' (XVIII, 34) steht folgende Erklärung:

'Darüber hinaus besitzt nāma keine wirksame Kraft. Es kann nicht durch eigene Kraft erscheinen. Es ißt nicht, es trinkt nicht, es nimmt keine Haltungen ein. Und rūpa ist ohne wirksame Kraft. Es vermag nicht durch eigene wirksame Kraft zu erscheinen. Es hat kein Verlangen zu essen, kein Verlangen zu trinken, kein Verlangen zu sprechen, es hat kein Verlangen, Haltungen einzunehmen. Es ist vielmehr so, daß nāma durch Unterstützung von rūpa erscheint. Umgekehrt erscheint rūpa durch Unterstützung von nāma. Wenn nāma nach Essen verlangt, nach Trinken verlangt, nach Aussprechen verlangt, nach Einnehmen von Haltungen verlangt, dann ist es rūpa, welches trinkt, spricht, sich bewegt usw.'


Weiterhin (XVIII, 36) lesen wir:

'Und so wie der Mensch ein Boot braucht, um das Meer zu überqueren, so braucht der Geist den stofflichen Körper, um in Erscheinung treten zu können. Und wie das Boot den Menschen braucht, um das Meer zu überqueren, so braucht der stoffliche Körper den Geist, um in Erscheinung treten zu können. Abhängig voneinander gehen Boot und Mensch auf die See. Und so hängen auch Geist und Materie voneinander ab.'


Es gibt zwei bedingte Arten von nāma: citta (Bewußtsein) und cetasika (geistige Faktoren, die im Bewußtsein auftreten). Sie sind nāma, die infolge von Bedingungen entstehen und wieder vergehen. Nibbāna ist unbedingtes nāma, das Bedingungslose. Was citta betrifft, erkennt oder erlebt es ein Objekt. Jedes citta kennt sein Objekt (arammana). Ein Objekt zu kennen oder zu erfahren, bedeutet nicht schon, über dieses Objekt nachzudenken. Citta, das sieht, hat als Objekt das Sichtbare. Es ist verschieden von dem citta, das anschließend entsteht und das Objekt kennt und benennt, und dem citta, das über das Objekt nachdenkt. Sogar wenn wir tief schlafen und nicht träumen, erlebt citta ein Objekt (arammana). Es gibt viele Arten von citta, die verschieden eingeteilt werden können.

Manche citta sind akusala, nicht heilsam,andere sind kusala, heilsam. Akusala citta und kusala citta sind citta, die Ursache sind. Sie vermögen unheilsame oder heilsame Taten durch Körper, Geist und Rede zu motivieren. Manche citta sind Folge unheilsamer oder heilsamer Taten, das sind vipaka citta. Andere citta sind weder Ursache noch Wirkung, das sind kiriya citta (manchmal übersetzt mit 'unwirksam'). Bei der Einteilung der citta in

erfolgt die Klassifizierung durch jāti (jāti bedeutet wörtlich 'Geburt', 'Abstammung' oder 'Kaste'). Wir unterscheiden vier jāti: akusala, kusala, vipaka und kiriya. Sowohl kusala vipaka als auch akusala vipaka gehören zu einem jāti, dem vipaka jāti.

Es ist wichtig zu wissen, welchem jāti ein citta angehört. "Wir sind nicht fähig, Heilsames in unserem täglichen Leben zu entfalten, wenn wir akusala für kusala halten, oder wenn wir akusala für vipaka halten. Wenn wir beispielsweise unangenehme Worte hören, so ist der Augenblick, in dem wir diese Laute erfahren (Hörbewußtsein) akusala vipaka. Es ist die Folge einer unheilsamen Tat, die wir selbst begangen haben. Der Widerwille jedoch, der bald darauf aufsteigen kann, ist nicht vipaka, sondern akusala citta. Wir sollten solche Augenblicke voneinander unterscheiden lernen, um ihre verschiedenen Charakteristika zu erfassen.

Eine andere Art, citta zu klassifizieren, erfolgt durch Bewußtseinsebenen, in Pali: bhūmi. Es gibt verschiedene Bewußtseinsebenen. Die Bewußtseinsebene der Sinne (kāmavacara citta) ist die Ebene der Sinneseindrücke, z.B. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und das Erleben Körpereindrücken. Es gibt auch Ebenen ohne Sinneseindrücke. Diejenigen, welche samatha (Meditation der Stille) pflegen und vertiefte Konzentration (jhāna) erreichen, haben jhāna citta. Jhāna citta ist eine Bewußtseinsebene, die keine Sinneseindrücke erfährt. Lokuttara citta (überweltliches Bewußtsein) ist die höchste Bewußtseinsebene. Citta, das nibbāna erlebt, ist ein lokuttara citta.

Citta können auch noch anders eingeteilt werden. Wenn wir verschiedene Intensitäten von citta bedenken, so gibt es hierbei viele Unterschiede. Z.B. können akusala citta, die in lobha (Bindung, Anhaftung), dosa (Haß, Abneigung) und moha (Unwissenheit) verwurzelt sind, verschiedene Stärkegrade haben. Mitunter motivieren sie Taten entsprechend des Maßes an akusala. Auch kusala citta haben verschiedene Stärkegrade. Es ist recht nützlich, verschiedene Klassifikationen der citta kennenzulernen, um sie so von verschiedenen Seiten betrachten zu können. Wenn wir unser Wissen über citta vertiefen und wir uns ihrer beim Erscheinen bewußt werden, neigen wir weniger dazu, sie für 'Selbst' zu halten.

Es gibt insgesamt 89 oder 121 Arten von citta. Die Einteilung in 121 Arten schließt die citta der ariya (Edlen) mit ein, die nibbāna durch vertiefte Konzentration erfahren können. Cetasika ist der zweite paramattha dhamma, der nāma ist.

Wie wir festgestellt haben, erlebt citta ein Objekt: Sehen hat das Sichtbare als Objekt. Hören hat Töne als Objekt. Citta, das denkt, erlebt das Objekt, an das es denkt. Es muß hier bemerkt werden, daß es nicht nur citta gibt, sondern viele geistige Faktoren, cetasika, die ein citta begleiten. Man kann an etwas mit Abneigung, Zuneigung oder Weisheit denken. Abneigung, Zuneigung und Weisheit sind geistige Phänomene, die nicht citta sind, sondern cetasika, die verschiedene citta begleiten.

Es gibt immer nur ein citta in einer Zeiteinheit, aber es entstehen mehrere cetasika (wenigstens sieben) mit citta und vergehen mit citta. Citta entsteht niemals allein.

Gefühl oder Empfindung z.B., in Pali: vedanā, ist ein cetasika, das mit jedem citta entsteht. Citta erkennt oder erfährt sein Objekt, es empfindet nicht. Vedanā jedoch hat die Funktion zu fühlen oder zu empfinden. Empfindungen sind manchmal angenehm, manchmal unangenehm. Sogar wenn wir weder angenehme noch unangenehme Empfindungen empfinden, sind sie vorhanden: sie sind neutral oder indifferent. In keinem Augenblick entsteht citta ohne zu empfinden. Wenn z.B. Sehbewußtsein entsteht, begleitet Empfindung (vedanā) dieses citta. Citta, das sieht, nimmt nur das Sichtbare wahr. Es ist noch kein Mögen oder Nichtmögen entstanden. Die Empfindung, die citta hier begleitet, ist neutral. Nachdem das Sehbewußtsein vergangen ist, entstehen andere citta, z.B. auch citta, die das Objekt mögen. Die Empfindung, die dieses citta begleitet, ist dann eine angenehme Empfindung.

Die Funktion des citta ist es, ein Objekt zu erleben. Citta ist das 'Oberhaupt im Wissen'. Cetasika teilen dasselbe Objekt mit dem citta, haben jedoch ihre eigene spezifische Qualität und Funktion. Es gibt insgesamt 52 Klassen von cetasika. Sieben Arten von cetasika entstehen mit jedem citta, die anderen entstehen nicht mit jedem citta.

Wahrnehmung, in Pali: sañña, ist ein cetasika, das mit jedem citta entsteht. Im 'Visuddhimagga' (XIV, 130) lesen wir, daß sañña die Eigenschaft der Wahrnehmung und '... die Funktion hat, ein Zeichen zu geben. 'Dies ist dasselbe' als Bedingung zum Wahrnehmen, so wie es Zimmerleute vermögen im Falle von Holz...' Citta erlebt nur sein Objekt, es 'zeichnet' nicht sein Objekt, noch erinnert es sich dessen. Es ist sañña (Wahrnehmung), die das Objekt zeichnet, so daß es später erkannt werden kann. Es ist sañña und nicht das Selbst, das sich erinnert, daß diese Farbe rot ist, daß dies ein Haus oder der Laut eines Vogels ist.

Cetana (Absicht, Wollen) ist auch ein cetasika, der mit jedem citta entsteht. Es gibt Arten von cetasika, die nicht mit jedem citta entstehen. Akusala (unheilsame) cetasika entstehen nur mit akusala citta. Sobhana (schöne) cetasika entstehen mit einem heilsamen citta. Lobha (Selbstsucht, Gier, Neigung zu, Bindung an), dosa (Abneigung, Haß) und moha (Illusion, Unwissenheit) sind akusala cetasika, die nur mit einem akusala citta entstehen.

Wenn wir z.B. etwas Schönes sehen, kann anschließend ein citta mit Neigung zu dem Gesehenen entstehen. Der cetasika, der lobha ist, entsteht in diesem Augenblick. Lobha hat die Funktion zu kleben, zu binden, an etwas festzuhalten. Es gibt mehrere andere akusala cetasika, die mit akusala citta entstehen. So etwa Eigendünkel (māna), verkehrte Ansicht, falsche Erkenntnis (akusala ditthi) und Neid (issā). Sobhana (schöne) cetasika, die heilsame citta begleiten, sind z.B. alobha (Großmut, Großzügigkeit, Gebebereitschaft), adosa (Milde, Güte, Barmherzigkeit) und amoha oder paññā (Weisheit). Wenn wir geben, begleiten alobha und adosa ein kusala citta. Ebenso kann auch paññā (Weisheit) mit einem kusala citta entstehen. Daneben gibt es noch viele sobhana cetasika, die in einem heilsamen citta entstehen.

Obgleich citta und cetasika beide nāma sind, haben sie verschiedene Eigenschaften. Man mag sich fragen, wie man cetasika erfahren kann: Die Eigenschaften verschiedener cetasika können erfahren werden, wenn eine Veränderung im citta festgestellt werden kann.
Ein Beispiel: wenn akusala citta, von Geiz begleitet, entstehen, nachdem kusala citta mit Gebebereitschaft vergangen sind, kann man die Veränderung bemerken.
Geiz und Gebebereitschaft sind cetasika von verschiedenem Charakter, die man erfahren kann. Wir können ebenso den Wechsel von Gier zu Haß, von Zuneigung zu Abneigung, von freudigem zu leidigem Gefühl und freudiger zu leidiger Empfindung spüren.
Vedanā ist ein cetasika, das wir erfahren können, weil vedanā mitunter vorherrscht und es verschiedene Arten von Empfindungen gibt. Wir können erfahren, daß freudige Empfindung verschieden von leidiger und neutraler Empfindung ist.

Diese verschiedenen cetasika entstehen mit verschiedenen citta, und sie vergehen unmittelbar mit dem citta, mit dem sie entstanden sind. Mehr über verschiedene citta und cetasika zu wissen, wird uns helfen, die Wahrheit zu finden.

Da citta und cetasika zusammen entstehen, ist es schwer, sie voneinander zu unterscheiden, es sei denn durch ihre verschiedenen Eigenschaften. Buddha vermochte die verschiedenen Eigenschaften aller citta und cetasika unmittelbar zu erfassen, weil seine Weisheit alles übertraf. Wir lesen in den 'Fragen des Königs Melinda', daß der Arahat Nagasena zu König Melinda sagte:

„Der Erhabene, o König, hat eine schwierige Aufgabe vollbracht!" „Und was wäre diese?" „Er hat die Eigenschaften dieser geistigen Faktoren, der citta und cetasika erfaßt, die auf Grund eines Objektes entstehen, indem er sagte: Dies ist Sinneseindruck, dies ist Fühlen, dies ist Empfindung, jenes ist sañña (Wahrnehmung), jenes ist Wollen und so ist citta." „Gib mir eine bildhafte Erklärung." „Stellt Euch vor, o König, ein Mann würde mit seinem Boot hinaus auf die See fahren, mit seiner Hand würde er Wasser schöpfen und seine Zunge würde es schmecken. Könnte er unterscheiden, ob es Wasser aus dem Ganges oder aus dem Jamuna oder aus dem Aciravati ist?" „Unmöglich, Herr." „Aber weit schwieriger als das, o König, ist es, zwischen den einzelnen geistigen Faktoren unterscheiden zu können, die auf Grund eines Objektes entstehen."


Citta und cetasika sind paramattha dhamma, fundamentale Realitäten, von denen jede ihr eigenes Merkmal hat. Diese Eigenschaften können erlebt werden, gleichgültig, wie man sie nennt. Sehen ist das Wahrnehmen des Sichtbaren mit dem Auge. Wir brauchen es nicht 'Sehen' zu nennen, um die Eigenschaft des Sehens zu erleben. Paramattha dhamma sind keine abstrakten Begriffe, es sind Wirklichkeiten. Freudige und leidvolle Gefühle und Empfindungen sind wirklich, ihre Eigenschaften können wir erleben, ohne sie freudiges Gefühl oder leidvolles Gefühl, freudige Empfindung oder leidvolle Empfindung zu nennen. Abneigung und Haß sind wirklich, sie können erlebt werden, wenn sie auftreten.

Es gibt nicht nur geistige Phänomene, sondern auch physische Phänomene. Physische Phänomene oder rūpa sind der dritte paramattha dhamma. Es gibt insgesamt 28 Gruppen von rūpa. Die vier ursprünglichen rūpa oder 'Großen Elemente', (in Pali: mahā-bhūta-rūpa) sind.
Erdelement oder Festigkeit (erfahrbar als Härte oder Weichheit) Wasserelement oder Kohäsion, Feuerelement oder Temperatur (erfahrbar als Wärme oder Kälte) Windelement oder Bewegung (erfahrbar als Bewegung oder Druck).

Diese 'Großen Elemente' entstehen zusammen mit allen anderen Arten von rūpa, die rūpa-Abkömmlinge sind, in Pali upādā-rūpa. Ein rūpa entsteht niemals allein, rūpa entstehen in Gruppen oder Einheiten. Es müssen wenigstens 8 rūpa-Einheiten zusammen auftreten. Beispiel: Wenn immer auch rūpa entsteht, das Bewegung ist, entsteht zur gleichen Zeit Festigkeit, Kohäsion, Temperatur und andere rūpa. Abgeleitete rūpa sind z.B. die physischen Sinnesorgane des Sehsinns, Gehörsinns, Geruchsinns, Geschmacksinns, Druck] und Tastsinns und die Sinnesobjekte, als da sind: Sichtbares, Klang Geruch, Geschmack und Härte.

Mit Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist können verschiedene Eigenschaften der rūpa erlebt werden. Die Charakteristika sind wirklich, weil sie erfahren werden können. Beispiel: 'Körper' und 'Tisch' sind konventionelle Begriffe, bei haben die Eigenschaft der Härte, die wir erfahren können, wenn wir sie berühren. Auf diese Art und Weise können wir beweisen, daß die Eigenschaft der Härte die gleiche ist, ob sie nun im Körper oder Tisch auftritt. Härte ist ein paramattha dhamma. 'Körper' und 'Tisch' sind keine paramattha dhamma, sondern Begriffe. Wir können zu der Ansicht neigen, der Körper sei nicht vergänglich, und wir könnten ihn für ein' Selbst' halten. Was wir jedoch 'Körper' nennen, sind verschiedene rūpa, die entstehen und vergehen. Der konventionelle Begriff 'Körper' erfaßt nicht die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit kann aber erfahren werden, wenn wir lernen, die verschiedenen Eigenschaften der rūpa zu erleben, wenn sie erscheinen.

Citta, cetasika und rūpa sind paramattha dhamma, die nur aufgrund von Bedingungen auftreten. Sie sind konditionierte dhamma, in Pali: sankhāra dhamma. Sehen kann nicht entstehen, wenn nicht das Sehorgan, Licht und das Sichtbare vorhanden sind. Wenn wir unsere Augen schließen, können wir nicht sehen. Ein Klang kann nur entstehen, wenn zwei Festigkeits-rūpa miteinander in Berührung kommen. Ein Ton entsteht aufgrund von Bedingungen und vergeht auch wieder. Alles, was aufgrund von Bedingungen entsteht, muß auch wieder vergehen, wenn die Bedingungen wegfallen. Man kann annehmen, daß ein Ton andauert. Was wir jedoch für einen langen bleibenden Augenblick des Tons halten, sind in Wirklichkeit viele verschiedene rūpa, die aufeinander folgen.

Der vierte paramattha dhamma ist nibbāna. Nibbāna ist paramattha dhamma, weil es Wirklichkeit ist. Nibbāna ist das Ende aller Befleckungen. Da es einen Weg zur Ausrottung aller Unreinheiten gibt, muß es auch ein Ende aller Befleckungen geben. Nibbāna kann durch die Geistpforte erfahren werden, wenn man den rechten Weg geht, der dahin führt: die Entfaltung der Weisheit, die die Dinge sieht, wie sie wirklich sind. Nibbāna ist nicht rūpa, es ist nāma. Es ist weder citta noch cetasika, die auch paramattha dhamma sind, aber aufgrund von Bedingungen entstehen und vergehen. Nibbāna ist das Ende all dessen, was entsteht und vergeht. Nibbāna ist nāma, das nicht entsteht und vergeht. Es ist das nāma, das ohne Bedingungen Wirklichkeit ist (in Pali: visankhāra-dhamma). Nibbāna entsteht nicht, weil es keine Bedingungen hat, und somit vergeht es auch nicht. Citta und cetasika sind nāma, die Objekte haben. Nibbāna ist das nāma, das kein Objekt erfährt. Nibbāna kann jedoch Objekt eines citta und mehrerer cetasika sein, die nibbāna erfahren.

Zusammenfassend ergeben die vier paramattha dhamma:
Citta)bedingte dhamma => sankhāra-dhamma)
Cetasika)bedingte dhamma => sankhāra-dhamma)
rūpa)bedingte dhamma => sankhāra-dhamma)
Nibbāna)unbedingtes dhamma => visankhāra-dhamma


Beim Studium des dhamma ist es von großer Bedeutung zu wissen, welcher paramattha dhamma Wirklichkeit ist. Wenn wir das nicht erkennen, können wir durch konventionelle Begriffe irregeführt werden. Wir sollten z.B. wissen, daß das, was wir 'Körper' nennen, für ein rūpa-paramattha dhamma steht, kein citta oder cetasika ist. Wir sollten wissen, daß nibbāna weder citta noch cetasika ist, sondern das vierte paramattha dhamma. Nibbāna ist das Ende der durch Bedingungen und durch Fortfall dieser Bedingungen vergangenen Wirklichkeiten.


Fragen:
  1. Was ist der Unterschied zwischen nāma und rūpa?
  2. Was ist der Unterschied zwischen citta und cetasika?
  3. Erfahren cetasika ein Objekt?
  4. Entsteht mehr als ein cetasika in einem citta?


Anmerkungen:
  1. Die fünf kliandha (Daseinsgruppen) sind nichts anderes als nāma und rūpa. Siehe Kapitel 2.
  2. 'Absolut' wird nicht wie im Sinne der europäischen Philosophie gebraucht. 'Absolut' bedeutet hier vielmehr: Die absoluten, fundamentalen Realitäten haben ihre eigene, unveränderliche Charakteristik. Drei paramattha dhamma: Bewußtsein, Geistesfaktoren und Körperlichkeit sind bedingt entstandene Wirklichkeiten, nibbāna ist unbedingte Wirklichkeit, das Bedingungslose. Nur durch Satipatthana, Geistesttraining durch Achtsamkeit, können wir erfassen, was paramattha dhamma sind. 'Der Buddha bediente sich bei Darlegung seiner Lehre bisweilen der zwecks gegenseitiger Verständigung im gewöhnlichen Verkehr gebräuchlichen 'konventionellen Ausdrucksweise', bisweilen aber der der Wahrheit im'absoluten' und 'höchsten Sinne' entsprechenden philosophischen Ausdrucksweise.' (Siehe Nyanatiloka Mahāthera, Buddhistisches Wörterbuch, S. 158, und 'Manual of Abhidhamma', S. 7)