Kapitel 9. Nina Van Gorkom. Abhidhamma im Alltag


Die im täglichen Leben unbekannten ahetuka Citta


Es gibt achtzehn Typen von ahetuka citta, d.h. citta, die ohne hetu (Wurzel) entstehen. Davon sind fünfzehn Typen vipāka. Wie wir bereits festgestellt haben, sind zehn dieser fünfzehn citta die dvi-pañca-viññāna (die fünf viññāna-Paare). Das sind:



Jedes Bewußtsein bildet ein Paar, von denen das eine akusala-vipāka, und das andere kusala-vipāka ist.

Sehbewußtsein ist das Ergebnis von kamma. Ist es das Ergebnis einer bösen Tat, so ist das Sehbewußtsein akusala-vipāka. Ist jedoch das Bewußtsein das Ergebnis guter Taten, so ist das citta kusala-vipāka. Die Funktion des Sehbewußtseins besteht darin, das Sichtbare zu sehen. Kamma erzeugt nicht nur das vipāka-citta, welches Sehbewußtsein ist, sondern zwei weitere Arten von vipāka-citta, die dem Sehbewußtsein folgen. Und zwar folgt dem Sehbewußtsein ein vipāka-citta, welches das Objekt aufnimmt.

Dieses citta wird sampaticchana-citta, d.h. rezipierendes Bewußtsein genannt und hat noch das gleiche Objekt wie das Sehbewußtsein. Die Farbe, die von Sehbewußtsein erlebt wird, fällt nicht sogleich mit dem Sehbewußtsein fort, weil Farbe rūpa ist. Denn rūpa fällt nicht so schnell fort wie nāma. Wird ein Objekt durch eine der sechs Pforten erfahren, so erlebt nicht nur ein citta dieses Objekt, sondern eine Serie von citta, die einander folgen und dasselbe Objekt erleben.

In dem Falle, daß das Sehbewußtsein akusala-vipāka ist, ist auch das sampaticchana-citta (das rezipierende Bewußtsein) akusala-
vipāka. Falls das Sehbewußtsein kusala-vipāka ist, ist auch das sampaticchana-citta kusala-vipāka. Somit gibt es zwei Typen von sampaticchana-citta: ein Typ ist akusala-vipāka und der andere ist kusala-vipāka. Das sampaticchana-citta ist ahetuka-vipāka. Es entstehen keine akusala hetu (unheilsame Wurzeln) oder sobhana hetu (heilsame Wurzeln) in diesem Typ von citta. Sampaticchanacitta folgt dem Sehbewußtsein. Sehbewußtsein ist die Voraussetzung für das Entstehen des sampaticchana-citta. Das gleiche gilt für den citta-Prozeß, der Klang erlebt. Auch hier folgt dem Hörbewußtsein das sampaticchana-citta. Für die citta-Vorgänge in den anderen Sinnestoren trifft das gleiche zu.

Das sampaticchana-citta entsteht immer mit upekkhā (indifferenter Empfindung). Es hat nichts zu sagen, ob das sampaticchana-citta
akusala-vipāka oder kusala-vipāka ist.

Der Bewußtseinsprozeß des Hörens oder Sehens ist mit dem Entstehen und Vergehen des sampaticchana-citta noch nicht abgeschlossen. Ein anderes ahetuka vipāka-citta, das auch das Ergebnis von kamma ist, folgt dem sampaticchana-citta. Dieser Typ von citta wird santīrana-citta (das Sinnenobjekt prüfende Bewußtsein) genannt. Das santīrana-citta prüft oder erwägt das Objekt, welches von einem der dvi-paflca-viflñāna (den fünf Paaren) erlebt und von dem sampaticchana-citta aufgenommen worden ist.

In dem sinnlichen Bewußtseinsprozeß, in dem ein Objekt durch eines der fünf Sinnentore erfahren wird, folgt dem sampaticchana-citta das santīrana-citta. Sampaticchana-citta ist die Bedingung für das Entstehen des santīrana-citta. In einem Sehvorgang, in dem Farbe gesehen wird, folgt das sampaticchana-citta dem Sehbewußtsein, das santīrana-citta folgt dem sampaticchana-citta. Das gleiche gilt für das santīrana-citta, das in einem citta-Prozeß entsteht, bei dem ein Objekt durch ein anderes Sinnentor erfahren wird. Es hängt nicht von unserer Wahl ab, ob santīrana-citta entsteht oder nicht entsteht. Citta entstehen auf Grund von Bedingungen - jenseits jeder Kontrolle.

Auch santīrana-citta ist ein ahetuka vipāka-citta. Ist das Objekt unerfreulich, so ist das santīrana-citta akusala-vipāka, ist jedoch das Objekt erfreulich, ist das santīrana-citta kusala-vipāka. Wenn santīrana-citta akusala-vipāka ist, wird es von upekkhā (indifferenter Empfindung) begleitet. Wenn es kusala-vipāka ist, ist es entweder von upekkhā oder von somanassa (angenehmer Empfindung) begleitet. Somit gibt es zwei Arten von santīrana-citta, die kusala-vipāka sind: ein Typ entsteht mit upekkhā, der andere mit somanassa.

Ist das Objekt angenehm, aber nicht außergewöhnlich angenehm, ist die Empfindung upekkhā. Ist jedoch das Objekt außergewöhnlich angenehm, wie der Anblick eines Buddha, so wird das santīrana-citta von somanassa begleitet. Zusammenfassend gibt es drei Arten von santīrana-citta:

1. Santīrana-citta, welches akusala-vipāka ist und von upekkhā
   begleitet wird.
2. Santīrana-citta, welches kusala-vipāka ist und von upekkhā
   begleitet wird.
3. Santīrana-citta, welches kusala-vipāka ist und von somanassa
   begleitet wird.

Es hängt von Bedingungen ab, welche Art von santīrana-citta entsteht. Es gibt insgesamt fünfzehn Arten von ahetuka-citta, die vipāka-
citta sind. Zusammengefaßt ergibt sich:


10 citta, welche die Dvi-panca-rviññāna (fünf Paare) sind:


Sieben Typen der ahetuka-vipāka-citta sind akusala-vipāka und acht Typen sind kusala-vipāka, da es zwei Typen von santīrana-citta gibt, welche kusala-vipāka sind.

Wie wir feststellen können, gibt es insgesamt achtzehn ahetuka- citta. Davon sind fünfzehn vipāka-citta und drei sind kiriyā-citta. Kiriyā-citta sind verschieden von akusala-citta, von kusala-citta und von vipāka-citta. Akusala-citta und kusala-citta sind citta, welche Ursache sind, sie können böse und gute Taten motivieren. Vipāka-citta sind solche citta, die das Ergebnis von akusala-kamma und kusala-kamma sind. Kiriyā-citta sind jene citta, die weder Ursache noch Wirkung sind.

Ein Typ von ahetuka-kiriyā-citta ist das pañca-dvārävajjana-citta, das 'Aufmerken an der Fünfsinnenpforte'. ('Pañca' bedeutet fünf; 'dvāra' bedeutet Pforte; 'ävajjana' bedeutet aufmerken oder sich hinwenden.) Es ist das unmittelbar vor Eintritt des Sinnenbewußtseins stattfindende Hinmerken des Geistes auf das Sinnenobjekt. Das ist das erste Stadium in dem sinnlichen Bewußtsteinsvorgang.1 Wenn Farbe den Sehsinn berührt, entsteht vor dem Sehbewußtsein (cakkhu-viññāna) das „aufmerkendeBewußtsein", das cakkhu-dvārävajjana-citta (,,Aufmerken" an der Sehpforte), welches auf Farbe und Form aufmerksam wird. Wenn Klang den Gehörsinn berührt, muß das sota-dvārävajjana-citta ('Aufmerken' an der Gehörpforte) auf den Klang an der Gehörpforte hinweisen, bevor das Hörbewußtsein (sotā-viññāna) entsteht.

Das panca-dvārävajjana-cittahat lediglich die Funktion, auf das Objekt aufmerksam zu machen, welches an einer der fünf Sinnenpforten wirkt. Dieser citta-Typ weist z.B. auf die Farbe und Form oder den {dang hin, die an der entsprechenden Sinnenpforte wirken. Es sieht oder hört aber nicht. Das pañca-dvārävajjana-citta ist ein ahetuka- kiriyā-citta, es entsteht ohne hetu (Wurzeln). Mögen oder nicht mögen sind noch nicht entstanden. Das pañca-dvārävajjana-citta wird von einem der dvi-pañca-viññāna (fünf Paaren) gefolgt, welches ein vipāka-citta ist. Dieses citta wiederum wird von dem sampaticchana-citta (rezipierendes Bewußtsein) gefolgt, das vipāka ist. Das sampatticchana-citta wird von dem santīrana-citta (dem prüfenden Bewußtsein) gefolgt, das auch vipāka ist. Jedes citta, das während eines Bewußtseinsprozesses entsteht und ein Objekt erlebt, hat seine eigene Funktion.

Ein weiterer Typ von ahetuka kiriyā-citta ist das mano-dvārâvajjana- citta (aufmerkendes Bewußtsein an der Geistespforte). Es entsteht
sowohl im sinnlichen Bewußtseinsvorgang, in dem ein Objekt durch einen der fünf Sinne erlebt wird, als auch in dem citta-Prozeß, in dem ein Objekt an der Geistpforte wirkt. Wenn es in dem sinnlichen Bewußtseinsvorgang entsteht, ist es derselbe Typ von citta, übt hier jedoch eine andere Funktion aus.

Nachdem ein Objekt eine der Sinnenpforten berührt hat, wird es von einer Serie von citta erlebt. Diese citta aber, die das Objekt durch eines der Sinnentore erleben, erkennen nichts anderes als das rūpa, welches in jenem Augenblick auf sie wirkt. Wenn man zB. liest, erlebt das Sehbewußtsein nur Farbe und Form, es kennt nicht die Bedeutung der Buchstaben. Später wirkt das Objekt an der Geistpforte ein. In einem weiteren Bewußtseinsvorgang wird über die Buchstaben nachgedacht und die Bedeutung des Geschriebenen erfaßt. Wie wir bereits gesagt haben, weist das pañca- dvārävajjana-citta (aufmerkendes Bewußtsein an der Fünfsinnenpforte) auf das Objekt hin, das in den Gesichtskreis eingetreten ist und den Kontakt zu einem der Sinnenpforten aufgenommen hat.

Eines der dvi-pañca-vifiñāna erlebt dieses Objekt, sampaticchana- citta nimmt es auf und santīrana-citta prüft es. Damit ist der Bewußtseinsprozess, in dem das Objekt durch eine der Sinnenpforten erlebt wird, noch nicht abgeschlossen. Das santīrana- citta wird vom votthapana-citta (feststellendes Bewußtsein) gefolgt.

Das votthapana-citta ist ein ahetuka kiriyā-citta, welches das Objekt an einer der Sinnenpforten erlebt und das Objekt feststellt. Es führt die Funktion des 'Feststellens', votthapana, aus.

Das votthapana-citta und das mano-dvārâvajjana-citta (aufmerkendes Bewußtsein an der Geistpforte) sind der gleiche Typ von citta. Tritt es jedoch in dem sinnlichen Bewußtseinsvorgang auf, kann es votthapana-citta genannt werden, weil es die 'Funktion des Feststellens' des Objektes im sinnlichen Bewußtseinsvorgang ausführt. Nachdem das votthapana-citta das Sinnenobjekt bestimmt hat, wird es von akusala-citta oder von kusala-citta gefolgt (im Falle eines Nicht-Arahat). Das votthapana-citta ist weder akusala noch kusala-citta, sondern kiriyā-citta. Dieses citta, welches das Objekt feststellt, ist anatta (Nicht-Selbst). Die kusala-citta oder akusala-citta, die dem votthapana-citta folgen, sind ebenso Nicht- Selbst. Es hängt von unserer Akkumulation (Anhäufung) von akusala und kusala ab, ob das votthapana-citta von akusala-citta oder von kusala-citta gefolgt wird.

Nachdem citta im sinnlichen Bewußtseinsvorgang weggefallen sind, kann das Objekt durch die Geistpforte erfahren werden. Das mano-
dvārävajjana-citta ist das erste citta im inneren Bewußtseinsvorgang, welches das Objekt als Geistobjekt erlebt. Es ist das Stadium des 'Aufmerken des Geistes an der Geistpforte' auf das Objekt hin, welches bereits weggefallen ist. Im sinnlichen Bewußtseinsvorgang merkt das pañca-dvārävajjana-citta auf das Sinnenobjekt hin, das noch nicht weggefallen ist. Es achtet z.B. auf Farbe und Form oder den Klang, die in dem Augenblick auf das entsprechende sensitive Sinnenorgan einwirken. Das mano-dvārâvajjana-citta aber, das im inneren Bewußtseinsvorgang entsteht, kann an ein Objekt denken, welches bereits fortgefallen ist.

Es merkt auf das in die Geistpforte eingetretene Objekt hin, das bereits weggefallen ist, z.B. auf die Farbe, die zuvor gesehen, oder auf den Klang, der zuvor gehört wurde. Somit kann die Funktion von 'Aufmerken an der Geistpforte' nicht vom pañca-dvārävajjana-citta ausgeführt
werden. Nachdem das mano-dvārâvajjana-citta zu dem Geistobjekt aufgemerkt hat, wird es entweder von akusala oder von kusala-
citta (im Falle des Nicht-Arahat) gefolgt, die nun das Geistobjekt erleben. Das mano-dvārävajjana-citta ist weder kusala-citta noch
akusala-citta, sondern kiriyā-citta. Es hängt von unserer Akkumulation (Anhäufung) von kusala und akusala ab, ob das mano-dvārâvajjana-citta von akusala-citta oder kusala-citta gefolgt wird. Alle citta entstehen auf Grund von Bedingungen, sie sind anatta, 'Nicht-Selbst'.

Obgleich das votthapana-citta im sinnlichen Bewußtseinsvorgang und das mano-dvārâvajjana-citta im inneren Bewußtseinsvorgang der gleiche Typ von ahetuka-kiriyā-citta sind, unterscheiden sie sich in ihren Funktionen. Im sinnlichen Bewußtseinsvorgang vollführt dieses citta die Funktion von votthapana ('Feststellen des Sinnenobjektes') und kann deshalb votthapana genannt werden.

Im inneren Bewußtseinsvorgang weist dieses citta auf das Objekt an der Geistpforte hin und vollführt somit die Funktion von ävajjana ('Aufmerken an der Geistpforte'). Wenn wir uns also mit dem mano-dvārâvajjana-citta befassen, sollten wir wissen, welche Funktion es
ausführt.

Wenn Klang den Gehörsinn berührt, kann das citta entstehen, Welches den Klang durch die Gehörpforte erlebt. Danach kann das citta entstehen, welches den Klang durch die Geistpforte erlebt. Serien von citta, die ein Objekt durch eine der fünf Sinnenpforten und durch die Geistpforte erleben, folgen einander unaufhörlich.

Wieso können akusala-citta oder kusala-citta in einem citta-Prozeß entstehen, in dem ein Objekt durch eines der Sinnentore erlebt wird und man noch nicht einmal weiß, was das Objekt ist? Akusala oder kusala-citta entstehen tatsächlich, bevor das Objekt erkannt wird! Man kann diesen Vorgang mit einem Kinde vergleichen, das ein liebliches und buntes Objekt, wie einen Luftballon, von Herzen mag, bevor es überhaupt weiß, daß das Objekt ein Ballon ist. Wir empfinden wohl oft Zuneigung und Abneigung für Dinge, bevor wir sie erkennen.

Ein anderes ahetuka-kiriyā-citta ist das hasituppāda-citta, das Heiterkeit erzeugende Bewußtsein. Nur arahats haben diese Art von citta. Wenn sie lächeln, mag das hasituppāda-citta in jenem Augenblick entstehen. Lachen und Lächeln können durch verschiedene Arten von citta motiviert werden. Wenn Menschen, die nicht arahat sind, lachen, ist es gewöhnlich von lobha motiviert. Unser Lächeln kann sowohl durch lobha oder auch durch kusala-citta bedingt sein. Arahats haben keine Befleckungen. Sie haben weder akusala-citta noch kusala-citta. Sie häufen kein weiteres kamma an. Anstelle von kusala-citta haben sie kiriyā-citta, die von lauteren Wurzeln begleitet werden. Sie haben sobhana-kiriyā-citta.

Arahats lachen nicht laut, weil sie keine Akkumulation zum Lachen haben, sie lächeln nur. Wenn sie lächeln, mag ihr Lächeln durch ein sobhana-kiriyā-citta oder durch ein ahetuka-kiriyā-citta, das hasituppāda-citta, motiviert sein. Der 'Visuddhimagga' (XIV, 108) sagt folgendes über die Funktion dieses Typs von citta:

„Sein Wesen besteht hinsichtlich seiner Funktion darin,
daß es im arahat bei unbedeutenden Anlässen Heiterkeit
(hasita, Lächeln) hervorruft."


In einem Zitat aus dem 'Paramattha-manjusā', 476 (einem Kommentar zum' Visuddhimagga') heißt es:

,,Mit Rücksicht auf solch unerhabene Obj ekte wie Skelette
und Geister."


Von den achtzehn ahetuka citta sind also fünfzehn vipāka-citta urd drei kiriya-citta. Die ahetuka-kiriyā-citta sind:
  1. Pañca-dvārâvajjana-citta (aufmerkendes Bewußtsein an der Fünfsinnenpforte)
  2. Mano-dvārâvajjana-citta (aufmerkendes Bewußtsein an der Geistpforte) hat die Funktion, auf das Geistobjekt an der Geistpforte hinzuweisen, falls dieses citta im inneren Bewußtseinsvorgang auftritt. Es führt jedoch die Funktion von votthapana (Feststellen des Objektes) aus, falls es im sinnlichen Bewußtseinsvorgang entsteht. Im letzteren Falle wird es dann votthapana-citta genannt.
  3. Hasituppāda-citta (Das Heiterkeit erzeugende Bewußtsein)


Jene, die Nicht-Arahat sind, haben nur siebzehn der achtzehn ahetuka-citta. Diese siebzehn Typen von ahetuka-citta entstehen in unserem täglichen Leben. Wenn ein Objekt auf eines der fünf Sinnesorgane wirkt, merkt das pañca-dvārävajjana-citta (aufmerkendes Bewußtsein an der fünf Sinnenpforte) auf das Objekt an der entsprechenden Sinnenpforte hin. Es wird von folgenden citta gefolgt: dem pañca-viññāna (einem der zehn citta, die die 'fünf Paare' sind), welches das Objekt erlebt, sieht, hört, dem sampaticchana-citta, welches das Objekt aufnimmt, dem santīrana-citta, welches das Objekt prüft, und dem votthapana-citta, welches das Objekt feststellt und dann von akusala-citta oder kusala-citta gefolgt wird. Wenn die citta im sinnlichen Bewußtseinsprozeß Weggefallen sind, kann das Objekt an der Geistpforte erlebt werden.

Das mano-dvārâvajjana-citta merkt auf das Geistobjekt an der Geistpforte hin und wird dann von akusala-citta oder von kusala-citta gefolgt.

Entstehen akusala-citta nach dem mano-dvārâvajjana-citta, so geschieht dies auf Grund 'unklugen Erwägens', in Pali: ayoniso manasikāra. Wird jedoch das mano-dvārâvajjana-citta von kusala-citta gefolgt, so geschieht dies wegen 'gründlichen oder weisen Erwägens', in Pali:
yoniso manasikāra. Sehen wir z.B. Insekten, können wir sie voller Abneigung betrachten. In diesem Falle wird das mano-dvārâvajjana-citta von dosa-mūla-citta gefolgt (citta, die in Abneigung wurzeln). Es bedeutet, daß unkluges Überlegen (ayoniso manasikāra) stattgefunden hat. Dosa kann dann so stark sein, daß man das Insekt töten möchte. Das wäre akusala-kamma.

Erkennt man aber, daß Töten akusala ist, und man führt die Tat nicht aus, so geschieht es deshalb, weil kusala-citta entstanden sind. Wenn vor der Handlung gründlich überlegt wurde, ist es yoniso manasikāra. Durch das Dhamma-Studium und die Entfaltung von vipassanā (Einblick in die wahre Natur der Dinge) schaffen wir die rechten Bedingungen für yoniso manasikāra. Achten wir auf die Eigenschaft eines nāma oder rūpa, welche an einem der Sinnentore oder am Geisttor erscheinen, so üben wir in dem Augenblick yoniso manasikāra.

Angenommen zwei Menschen befinden sich in der gleichen Situation. Der eine hat ayoniso manasikāra und der andere yoniso manasikāra. Dies hängt von ihrer Akkumulation (Anhäufung von kusala oder akusala) ab.

In der 'Samyutta Nikāya' (Salāyatanavagga, Kindred Sayings on Sense, Förth Fifty, Chapter V Par. 202, Lustful) wird von zwei Mönchen berichtet. Der eine hat ayoniso manasikāra, der andere yoniso manasikāra, nachdem sie ein Objekt durch eines der sechs Sinnentore erlebt haben. Wir lesen, daß Mahā-Moggalana folgendermaßen zu den Mönchen sprach:

"Freunde, ich will euch lehren, wie man lüstern und wie man nicht lüstern ist.... Und wie ist man lüstern, Freunde? Folgendermaßen, Freunde. Sieht ein Mönch ein Objekt mit dem Auge, und er verspürt eine Neigung zu den Objekten, die bezaubern, und er empfindet eine Abneigung gegen Objekte, die abstoßend sind, so lebt er zerstreut. Er verweilt ohne Achtsamkeit auf den Körper und seine Gedanken sind niederträchtig. Er kann nicht die wahre Befreiung des Herzens von seinen Banden, noch das Freiwerden durch Weisheit erkennen; denn dadurch würden die bösen, unnützen Gedanken restlos aufhören. Dies meine Freunde, nennt man 'lüstern sein' nach Objekten, die mit Augen, Nase, Zunge ... und in den Gedanken erkannt werden können.!!

Wenn ein Mönch so lebt, ihr Freunde, hat Māra die Gelegenheit, ihn auf dem Wege durch das Auge zu überfallen. Wenn Māra ihn auf dem Wege über die Zunge überkommt, Zutritt zu seinem Denken hat, ist die rechte Gelegenheit für Māra gegeben.... Wenn ein Mönch so lebt, überwältigen ihn Objekte, er vermag nicht Herr über Objekte zu sein. Klänge überkommen ihn, er ist nicht Herr über Klänge. Wohlgerüche, Wohlgeschmäcke, greifbare Gegenstände und Gedanken überkommen ihn. Er wird nicht Herr über Klänge, Gerüche, Geschmäcke, Greifbares und Gedanken. Ein solcher Mönch, ihr Freunde, ist von Objekten , wie Klänge, Gerüche, Geschmäcke, greifbare Gegenstände und Gedanken besiegt worden. Er ist nicht ihr Eroberer. Böse, unnütze Gedanken, die mit Leidenschaft gedacht werden, die zur Wiedergeburt fuhren, überfallen ihn, unglückliche Gedanken, deren Früchte Schmerzen sind und in Zukunft zur Wiedergeburt, zum Verfall und zum Tode führen. Somit, ihr Freunde, ist man lüstern. Und wodurch, ihr Freunde, wird man frei von Lust? Dadurch, ihr Freunde, daß ein Mönch ein Objekt mit dem Auge sieht, aber dem bezaubernden Objekt nicht anhaftet, noch gegen unerfreuliche Objekte abgeneigt ist.... Schmeckt er einen Geschmack mit der Zunge ... erkennt er einen Gedanken mit dem Geiste, so klammert er sich weder an die bezaubernden Gedanken, noch betrachtet er unerfreuliche Gedanken mit Widerwillen. Die volle Achtsamkeit auf den Körper gerichtet, grenzenlose Gedanken hegend, erkennt er die wahre Natur eines befreiten Herzens, die Befreiung durch die Weisheit, wodurch die bösen, unnützen Gedanken, die nun einmal entstanden sind, restlos aufgehoben werden. Dies, ihr Freunde, nennt man 'nicht lüstern sein nach Objekten, die mit den Augen erkannt werden, nicht lüstern sein nach Gedanken, die im Geiste gedacht werden'. Wenn er so lebt, ihr Freunde, kann Māra ihn auf dem Wege durch das Auge, die Zunge, den Geist nicht überwältigen.... Māra hat keinen Zutritt, keine Gelegenheit....

Mehr noch, ihr Freunde, wenn der Mönch so lebt, erobert er Objekte, Objekte überfallen ihn nicht. Er wird Herr über Klänge, Düfte, Geschmäcke, greifbare Gegenstände, Gedanken. Sie erobern ihn nicht. Solch ein Mönch, ihr Freunde, wird 'Sieger über Objekte wie Klänge, Düfte, Geschmäcke, greifbare Gegenstände und Gedanken genannt.' Er ist ein Eroberer, er wird nicht erobert. Er erobert jene bösen, unnützen, leidenschaftlichen Gedanken, die ihn zur Lüsternheit anspornen und zur Wiedergeburt führen, zu unglücklichen Zuständen führen, deren Frucht Schmerzen, Wiedergeburt, Verfall und Tod sind. Dadurch, ihr Freunde, wird man von der Lust befreit."



Fragen
  1. Was ist ein kirija citta?
  2. Ist unser Lächeln immer durch lobha motiviert?
  3. Ist lautes Lachen immer von akusala-citta motiviert?
  4. Können akusala-citta und kusala-citta in einem sinnlichen Bewußtseinsvorgang auftreten?


Anmerkungen:
1 Nyanatiloka, Buddhistisches Wörterbuch, Verlag Christiani, Konstanz