ABHIDHAMMAṬṬHA-SAṄGAHA ERSTER TEIL

KOMPENDIUM DES BEWUSSTSEINS

Citta-Saṅgaha

§2 Das Bewusstsein (citta = viññāṇa) ist von vierfacher Art:

(1) der Sinnessphäre angehörend (kāmâvacara),
(2) der Feinkörperlichen Sphäre angehörend (rūpâvacara),
(3) der Unkörperlichen Sphäre angehörend (arūpâvacara) oder
(4) überweltlich (lokuttara)
    [vgl. auch citta-Gesamtübersichten]

1. kāmâvacara: Mit Sinnessphäre (kāmâvacara), eig. Tummelplatz oder Gebiet (ava-cara√car, sich hin und her bewegen) der sinnlichen Begierde (kāma-rāga) oder der Sinnesobjekte (vatthu-kāma;s. B.Wtb.: kāma), ist gemeint diese in den 5 Daseinsgruppen (khandha) wie Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesfaktoren, Bewusstsein (rūpa-kkhandha, vedanā-kkhandha, sañña-kkhandha, saṅkhāra-kkhandha, viññāṇa-kkhandha) sich äußernde Sinneswelt der Menschen, Tiere usw. Der Kommentar erklärt: Weil das Bewusstsein sich in den sinnlichen Dingen hin und her bewegt, darum gilt es als 'sich in den sinnlichen Dingen ergehend', d.i. der Sinnessphäre angehörend.

2. rūpâvacara: Mit Feinkörperlicher Sphäre (rūpâvacara) sind bisweilen gemeint die aller Sinnlichkeit entrückten ersten 5 geistigen Vertiefungszustände (jhāna; s. B.Wtb.), bisweilen die diesen entsprechenden feinstofflichen Brahmahimmel. Eine eigentliche Körperlichkeit, wie in unserer Sinneswelt, gibt es in letzterer nicht, und von den 5 Sinnestätigkeiten gibt es dort nur das Sehen und Hören. Vgl. §107.

3. arūpâvacara: Mit Unkörperlicher Sphäre (arūpâvacara) sind gemeint die 4 höheren Vertiefungsgebiete (arūpâyatana =arūpa-jhāna) bzw. die diesen entsprechenden und aller Körperlichkeit entrückten, rein geistigen Daseinssphären. Hier bestehen nur die 4 geistigen Gruppen: Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Geistbewusstsein. Vgl. §100.

4. lokuttara: Mit 'überweltlich' (lokuttara) sind gemeint die als die 4 Pfadbewusstseinsmomente (magga) und 4 Früchte (phala) bezeichneten 8 Stufen der Heiligkeit (§16), ferner das Nibbāna. - Über diese 9 überweltlichen Dinge (lokuttara-dhamma) s. ausführlicher B.Wtb.: ariya-puggala,nibbāna.

Das gesamte Bewusstsein (viññāṇa) lässt sich, entsprechend den 5 Sinnesorganen und dem Geist (mano), kurz zusammenfassen in den 6 Arten: 1. Seh-, 2. Hör-, 3. Riech-, 4. Schmeck-, 5. Körper-, 6. Geist-Bewusstsein (1. cakkhu-viññāṇa, 2. sota-viññāṇa, 3. ghāṇa-viññāṇa", 4.jivhā-viññāṇa, 5. kaya-viññāṇa, 6. mano-viññāṇa).

[Bewusstsein lässt sich nach verschiedenen relevanten Bedingungen einordnen z.B. nach Welten, bedingenden Sinnesorganen, nach Kamma- und Wurzel-Bedingung; diese werden kurz in einer kommentierten Zusammenfassung dargestellt.

[Zusammenfassende Gliederung:]
1. SINNESSPHÄRE (kāmâvacara) - SINNESBEWUSSTSEIN
    1.1. KARMISCH-UNHEILSAMES BEWUSSTSEIN - akusala citta (12)
        1.1.1 Acht in Gier wurzelnde Bewusstseinsklassen (lobha-mūla-citta)
        1.1.2 Zwei in Hass wurzelnde Bewusstseinsklassen (dosa-mūla-citta)
        1.1.3 Zwei in Verblendung wurzelnde Bewusstseinsklassen (moha-mūla-citta)
    1.2. WURZELFREIES BEWUSSTSEIN - ahetuka citta (18)
        1.2.1 Sieben durch unheilsames Karma-gewirkte (akusala-ahetuka-citta)
        1.2.2 Acht durch heilsames Karma gewirkte (kusala-ahetuka-citta)
        1.2.3 Drei karmisch-unabhängig funktionierende (kiriya-ahetuka-citta)
    1.3. LAUTERES BEWUSSTSEIN - sobhana-citta (24)
        1.3.1 Acht karmisch-heilsame (maha-kusala-citta)
        1.3.2 Acht durch heilsames Karma gewirkte (maha-vipāka-citta)
        1.3.3 Acht karmisch-unabhängig funktionierende (maha-kiriya-citta)
    1.4 ZUSAMMENFASSUNG
2. ÜBERNORMALES BEWUSSTSEIN (mahaggata-citta)
    2.1 FEINKÖRPERLICHE SPHÄRE - rūpâvacara
    2.2 UNKÖRPERLICHE SPHÄRE - arūpâvacara
3. DAS ÜBERWELTLICHE - lokuttara

[Weitere Kommentierung - Klassifikation des Bewusstseins]

1. SINNESSPHÄRE (kāmâvacara) - SINNESBEWUSSTSEIN

Was ist da das der Sinnessphäre angehörende Bewusstsein (kāmâvacara-citta)?

[Weitere Kommentierung - Sinnesphäre]

1.1. KARMISCH-UNHEILSAMES BEWUSSTSEIN (akusala-citta)
§3 Es gibt da insgesamt 12 karmisch unheilsame Bewusstseinstypen oder Bewusstseinsklassen:
- 8 in Gier wurzelnde (lobha-mūla) [Abschnitt 1.1.1],
- 2 in Hass wurzelnde (dosa-mūla) [Abschnitt 1.1.2],
- 2 in Verblendung wurzelnde (momūha = moha-mūla) [Abschnitt 1.1.3].

Gier, Hass [Aversion] und Verblendung (lobha, dosa, moha) gelten als die 3 bösen oder karmisch-unheilsamen, d.h. künftiges Ungemach oder Unheil erzeugenden, Wurzeln (akusala-mūla).

Als lobha (Gier usw.) gilt jede attraktorische Willensäußerung, angefangen von der feinsten Regung persönlicher Neigung bis zur gröbsten Regung von Egoismus und Habgier usw.; als dosa (Hass usw.) aber jede repulsorische Willensäußerung, angefangen von der feinsten Regung des Unwillens bis zur furchtbarsten Regung von Hass und Wut.

Die Wurzeln Gier und Hass schließen sich gegenseitig aus, können daher nie in ein und demselben Bewusstseinszustand miteinander verbunden sein. Jede von diesen beiden Wurzeln aber wurzelt wiederum in der Verblendung (moha) und ist daher stets damit verbunden.


[Weitere Kommentierung - Karmisch unheilsames Bewusstsein]

1.1.1 Acht in Gier wurzelnde Bewusstseinsklassen (lobha-mūla-citta)
§4 Die acht in Gier wurzelnden (lobha-mūla) Bewusstseinsklassen sind:
lobha-mūla-1freude-begleitet und ansichten-verbunden, spontan
(Somanassa-sahagataṃ, diṭṭhigata-sampayuttaṃ, asankhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-2freude-begleitet und ansichten-verbunden,angeregt
(Somanassa-sahagataṃ, diṭṭhigata-sampayuttaṃ, sasankhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-3freude-begleitet und nicht ansichten-verbunden, spontan
(Somanassa-sahagataṃ, diṭṭhigata-vippayuttaṃ, asankhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-4freude-begleitet und nicht ansichten-verbunden, angeregt
(Somanassa-sahagataṃ, diṭṭhigata-vippayuttaṃ, sasankhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-5indifferenz-begleitet und ansichten-verbunden, spontan
(Upekkhā-sahagataṃ, diṭṭhigata-sampayuttaṃ, asaṅkhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-6indifferenz-begleitet und ansichten-verbunden, angeregt
(Upekkhā-sahagataṃ, diṭṭhigata-sampayuttaṃ, sasankhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-7indifferenz-begleitet und nicht ansichten-verbunden, spontan
(Upekkhā-sahagataṃ, diṭṭhigata-vippayuttaṃ, asankhārikam ekaṃ)
lobha-mūla-8indifferenz-begleitet und nicht ansichten-verbunden, angeregt
(Upekkhā-sahagataṃ, diṭṭhigata-vippayuttaṃ, sasankhārikam ekaṃ)

Abb. 1.1.1 (1): = citta mit positivem Gefühl; = citta mit neutralem Gefühl

Die 1. bzw. 2. in Gier wurzelnde und damit verbundene Bewusstseinsklasse besteht z.B., wenn ein Mann sich voller Freude (somanassa) mit der Frau eines anderen vergeht oder einen Diebstahl ausübt oder ein Tier tötet oder lügt oder auch diese Dinge zu tun wünscht oder auch bloß in Gedanken von Begierde erfüllt ist und dabei die Ansicht (diṭṭhi) hat, dass solches durchaus nichts Böses sei. - Tritt nun dieser karmische Bewusstseinszustand ganz spontan (sankhārika, cig. 'ohne Vorbereitung') auf, so gehört er zur 1. Klasse; tritt er aber erst nach vorangehender Anregung durch andere oder nach zögerndem Entschluss oder innerer Überwindung usw. ein, so gehört er zur 2. Klasse. Hinsichtlich der karmischen Wirkung (vipāka) zieht natürlich der erstere Zustand, als der intensivere, schlimmere karmische Wirkungen nach sich.
Die 3. bzw. 4. Bewusstseinsklasse ist z.B. anwesend, wenn einer, trotzdem er sich vielleicht recht wohl bewusst ist, dass Töten, Stehlen, Lügen, begehrliche Gedanken usw. etwas Verwerfliches sind, sich dennoch voller Freude solchen Dingen hingibt.
Die Bewusstseinsklassen 5-8 unterscheiden sich von 1-4 bloß dadurch, dass sie von Indifferenz (upekkhā; s. B. Wtb.) begleitet sind.


[Weitere Kommentierung - in Gier wuzelendes Bewusstsein]


1.1.2 Zwei in Hass wurzelnde Bewusstseinsklassen (dosa-mūla-citta)
§5 Die 2 in Hass wurzelnden (dosa-mūla) Bewusstseinsklassen sind:
dosa-mūla-1:trübsal-begleitet und groll-verbunden und zwar spontan
(dosa-mūla-domanassa-a-saṅkhārika)
dosa-mūla-2:trübsal-begleitet und groll-verbunden, und zwar angeregt
(dosa-mūla-domanassa-sa- saṅkhārika)


Abb. 1.1.2-1 Dosa-mūla-citta (2): = citta mit negativem geistigen Gefühl (domanassa)
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Alle von Trübsal' (domanassa), Trauer, Missmut, Unzufriedenheit usw. begleiteten Bewusstseinszustände sind nach dem Buddhismus karmisch- unheilsam (akusala), d.i. immoralisch - weshalb man eben auch den Buddhismus in Wirklichkeit niemals als pessimistisch bezeichnen darf-, denn alle jene sind stets mit Groll (paṭigha), Arger, Widerwillen, Widerstreben oder gar Hass verbunden.
Sie mögen entweder ganz spontan und ungehemmt auftreten oder auch erst nach Anregung durch andere oder durch irgendwelche Umstände veranlasst oder nach innerer Überwindung. Es wird sich dabei meist handeln um solche Taten wie Schlagen, Töten oder gehässige Worte, Verleumdung u. dgl. Oder um gehässige und missgünstige Gedanken usw.

[Weitere Kommentierung - in Hass wuzelendes Bewusstsein]




1.1.3 Zwei in Verblendung wurzelnde Bewusstseinsklassen (moha-mūla-citta)
§6 Die 2 in Verblendung wurzelnden (mohmūla oder moha-mūla) Bewusstseinsklassen sind:
moha-mūla-1:Indifferenz-begleitet mit Zweifel verbunden
(upekkhā-sahagataṃ, vicikicchā-sampayuttaṃ)
moha-mūla-2:Indifferenz-begleitet mit Aufregung verbunden
(upekkhā-sahagataṃ, uddhacca-sampayuttaṃ)


Abb. 1.1.3 Moha-mūla-citta (2): = citta mit neutralem Gefühl
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Sämtliche karmisch- unheilsamen (akusala) Zustände – also auch die in Gier und Hass wurzelnden – sind zwar stets mit Verblendung (moha) verbunden und haben die Verblendung zur Wurzel, hier jedoch sind die mit dieser einzigen Wurzel, Verblendung, verbundenen Bewusstseinsklassen gemeint.

Die 11. Bewusstseinsklasse tritt auf, wenn einer von skeptischen Zweifel (vicikicchā) erfüllt ist, wie etwa mit Hinsicht auf moralischen Fortschritt, Erkennbarkeit der Wahrheit usw. In solchem Moment besteht keinerlei Lust und Unlust, sondern stets bloß Indifferenz.
Die 12. Bewusstseinsklasse besteht in dem Moment, wo einer mit stumpfsinniger Gleichgültigkeit sich törichtem Handeln, Sprechen oder Denken hingibt. Obwohl Aufregung (uddhacca) nur bei dieser Bewusstseinsklasse erwähnt wird, so ist Aufregung (Unruhe, Zerfahrenheit) dennoch mit allen unheilsamen Bewusstseinszuständen untrennbar verbunden. Hier jedoch handelt es sich um einen solchen Verblendungszustand, in welchem die erwähnten üblen Eigenschaften, wie Gier und Hass, Freude und Trübsal, Ansichten und Zweifel, abwesend sind. Von dieser 12. Bewusstseinsklasse heißt es, dass sie wegen ihrer Schwäche keine Wiedergeburt hervorrufen könnten.




1.2. WURZELFREIES BEWUSSTSEIN (ahetuka-citta)

§7 Es gibt im Ganzen 18 wurzelfreie (ahetuka) Bewusstseinsklassen:
 - 7 durch unheilsames Karma-gewirkte (akusala-vipāka) Abschnitt 1.2.1
      • Fünfsinnesbewusstsein mit unangenehmen Objekt
        (akusala-pañca viññāṇa-citta) = 5 cittas (ahetuka-1 bis 5)
      • Rezeptivbewusstsein mit unangenehmen Objekt 
        (akusala-sampaṭicchana-citta) = 1 citta (ahetuka 6)
      • Prüfbewusstsein mit unangenehmen Objekt
        (akusala-upekkhā-santīraṇa-citta = 1 citta (ahetuka 7)
 - 8 durch heilsames Karma gewirkte (kusala-vipāka) Abschnitt 1.2.2
      • Fünfsinnesbewusstsein mit angenehmen Objekt
        (kusala-pañca viññāṇa-citta) = 5 cittas (ahetuka-8 bis 12)
      • Rezeptivbewusstsein mit angenehmen Objekt
        (kusala-sampaṭicchana-citta) = 1 citta (ahetuka-13)
      • Prüfbewusstsein mit angenehmen Objekt
        (kusala-upekkhā-santīraṇa-citta) = 1 citta  (ahetuka-14)
      • Prüfbewusstsein mit angenehmen  Objekt und Freude
        (kusala-somanassa-santīraṇa-citta) = 1 citta (ahetuka-15)
 - 3 karmisch-unabhängig funktionierende (kiriya) Abschnitt 1.2.3
      • Fünfsinnestorbewusstsein (pañcadvārāvajjana-citta) = 1 citta (ahetuka-16)
      • Geisttorbewusstsein (manodvārāvajjana-citta) = 1 citta (ahetuka-17)
      • Lächelndes Bewusstsein (hasituppāda-citta) = 1 citta (ahetuka-18)

[Weitere Kommentierung - wurzelfreies Bewusstsein]



1.2.1 Sieben durch unheilsames Karma-gewirkte (akusala-vipāka)
§8 Als die 7 durch unheilsames Karma gewirkten Bewusstseinsklassen gelten diese:
indifferenz- begleitetes Seh-, Hör-, Reich-, Schmeckbewusstsein, schmerz- begleitetes Körperbewusstsein (dukkha-kāyaviññāṇa-citta), indifferenz- begleitetes Rezeptiv-Bewusstsein (akusala-sampaṭicchana-citta), indifferenz- begleitetes Prüf- Bewusstsein (akusala-santīraṇa-citta).
akusala-vipāka-
ahetuika-1
indifferentes Sehbewusstsein
(upekkhā vedanā-cakkhu-viññāṇa)
akusala-vipāka-
ahetuka-2
Indifferenten Hörbewusstsein (upekkhā vedanā-sota-viññāṇa)
akusala-vipāka-
ahetuka-3
indifferenten Riechbewusstsein
(upekkhā vedanā-ghana-viññāṇa)
akusala-vipāka-
ahetuka-4
Indifferenten Geschmacksbewusstsein
(upekkhā vedanā-jivha-viññāṇa)
akusala-vipāka-
ahetuka-5
schmerzbegleitetes Körperbewusstsein
(sukha vedanā- kayika-viññāṇa)
akusala-vipāka-
ahetuka-6
Indifferentes Rezeptiv-Bewusstsein
(upekkhā vedanā-sampaṭicchana citta)
akusala-vipāka-
ahetuka-7
Indifferentes Prüf-Bewusstsein
(upekkhā vedanā-santīraṇa-citta)

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Abb. 1.2.1: = citta mit neutralem Gefühl; = citta mit körperlichen Schmerzgefühl
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1.2.2. Acht durch heilsames Karma gewirkte (kusala-vipāka)
§9 Als die 8 durch heilsames Karma gewirkten Bewusstseinsklassen gelten: indifferenz- begleitetes Seh-, Hör-, Riech-, Schmeckbewusstsein, von Wohlgefühl begleitetes Körperbewusstsein (sukha-kāyaviññāṇa-citta), indifferenz- begleitetes Rezeptiv-Bewusstsein (kusala-sampaṭicchana-citta), indifferenz- begleitetes Prüf-Bewusstsein (kusala-upekkhā-santīraṇa-citta), freude- begleitetes Prüf-Bewusstsein (somanassa-santīraṇa-citta).
kusala-vipāka-
ahetuika-8
indifferentes Sehbewusstsein
(upekkhā vedanā-cakkhu-viññāṇa)
kusala-vipāka-
ahetuka-9
Indifferenten Hörbewusstsein
(upekkhā vedanā-sota-viññāṇa)
kusala-vipāka-
ahetuka-10
indifferenten Riechbewusstsein
(upekkhā vedanā-ghana-viññāṇa)
kusala-vipāka-
ahetuka-11
Indifferenten Geschmacksbewusstsein
(upekkhā vedanā-jivha-viññāṇa)
kusala-vipāka-
ahetuka-12
wohlfühlbegleitetes Körperbewusstsein
(sukha vedanā- kayika-viññāṇa)
kusala-vipāka-
ahetuka-13
Indifferentes Rezeptiv-Bewusstsein
(upekkhā vedanā-sampaṭicchana citta)
kusala-vipāka-
ahetuka-14
Mit positivem Gefühl begleitetes Prüf-Bewusstsein
(sukha-vedanā-santīraṇa-citta)
kusala-vipāka-
ahetuka-8
Indifferentes Prüf-Bewusstsein
(upekkhā vedanā-santīraṇa-citta)

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Abb. 1.2.2: = citta mit neutralem Gefühl; oder citta = mit positivem Gefühl
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1.2.3 Drei karmisch-unabhängig funktionierende (kiriya)
§10 Als die 3 karmisch- unabhängig funktionierenden Bewusstseinsklassen gelten: das indifferenz- verbundene, auf die 5 Sinnestore aufmerkende Bewusstsein, das indifferenz- verbundene, auf das Geisttor aufmerkende Bewusstsein, das freude- begleitete und lächeln- hervorrufende Bewusstsein des Arahat.

kiriya-ahetuka-1: indifferentes aufmerkendes Fünfsinnestorbewusstsein
(ahetuka-16: upekkhā vedanā-pañca-dvāra-avavajjana-citta)
kirya-ahetuka-2:indifferentes Aufmerken am- Geisttor
(ahetuka-17: upekkhā vedanā-mano-dvāra-avavajjana-citta)
kiriya-ahetuka-3: freude-begleitetes - lächelndes Bewusstsein
(ahetuka-18: kiriya-hasit uppada-citta)

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Abb. 1.2.3: = citta mit neutralem Gefühl; = citta mit positivem Gefühl
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ZUSAMMENFASSUNG (1.2.1 bis 1.2.3)
Die durch unheilsames Karma gewirkten Bewusstseinsklassen unterscheiden sich hier von den durch heilsames Karma gewirkten dadurch, dass letztere nur erwünschte Objekte haben und das Körperbewusstsein von Wohlgefühl begleitet ist, während erstere nur unerwünschte Objekte haben und das Körperbewusstsein mit Schmerz verbunden ist. Nach dem Abhidhamma ist also das Körpergefühl entweder angenehm oder unangenehm, niemals aber indifferent.
Das durch heilsames Karma gewirkte Prüf-Bewusstsein (santīraṇa-citta) ist mit Freude verbunden, falls das Objekt sehr klar ist.

Unter dem, als Karmawirkung (vipāka) geltenden, 'Rezeptiv - Bewusstsein' (sampaṭicchana-citta) hat man das, unmittelbar auf die Entstehung des Sinnesbewusstseins (Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck oder Körperbewusstseins) folgende und die das Sinnesobjekt (Bild, Ton usw.) rezipierende Funktion ausübende, Geist-Element (mano- dhātu; s. Tab.I. 39, 55) zu verstehen;
unter dem 'Prüf-Bewusstsein' (santīraṇa- citta) das, unmittelbar auf dieses wieder folgende und die das Sinnesbjekt prüfende Funktion ausübende, Geistbewusstseins-Element (mano-viññāṇa-dhātu; s. Tab.I. 40, 41, 56).
Als die '5 Sinnestore' (pañca-dvāra) gelten die 5 physischen Sinnesorgane, wie Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck- und Körperorgan, als das 'Geisttor' (mano-dvāra) aber das Unterbewusste (bbavanga; s. §66), das auch gleichzeitig zur Entstehung des Sinnesbewusstseins eine der Bedingungen bildet, wie bereits das letzte Buch des kanonischen Abhidhamma, Patthanā (Tika-Patthanā II, Pañhavara 4), lehrt. Dort heißt es nämlich: "Das Unterbewusste ist für das Aufmerken (avajjana) eine Bedingung von Kontiguität", d. i. unmittelbarer Angrenzung oder Aufeinanderfolge (s. § 174).
Die, die Funktionen des Aufmerkens (avajjana) auf die 5 Sinnestore bzw. auf das Geisttor vollziehenden, Bewusstseinsklassen werden im Abhidhamma (z.B. Dhs.), Vis. und anderwärts als 'karmisch- unabhängig funktionierendes (kiriya) Geist-Element' (mano-dātu; s. Tab.I. 70) bzw. 'Geistbewusstseins-Element' (mano-viññāṇa-dhātu; s. Tab.I. 71) bezeichnet, das lächeln-hervorrufende Bewusstsein des Arahat aber als 'freude- begleitetes Geistbewusstseins-Element' (mano-viññāṇa-dātu; s. Tab.I. 72).
Ich glaube, wohl der Erste zu sein - wie bereits in meinem Führer durch das Abhidhamma-Piṭaka gesagt -, der die erstaunliche Tatsache festgestellt hat, dass in keinem der kanonischen Bücher des Abhidhamma etwas erwähnt wird von jenen in den Kommentaren so eingehend besprochenen blitzartig vorübereilenden Stadien innerhalb eines einzelnen Bewusstseinsprozesses.

Nach den Kommentaren nämlich hat man die folgenden Stadien in dem durch Sinnestätigkeit, z.B. Sehen, bedingten Bewusstseinsprozess zu unterscheiden:

Sobald das Sehobjekt in das Gesichtsfeld eintritt, entsteht im Unterbewusstsein (bhavaṅga) eine Erschütterung (bhavaṅga-calana) und ein Abbrechen des Unterbewusstseins (bhavaṅga'-upaccheda),

(1) das mit blitzartiger Geschwindigkeit gefolgt wird von dem Aufmerken auf die Schwelle der 5 Sinnestore (pañca-dvāra-avajjana),
(2) dem Sehbewusstsein (cakkhu-viññāṇa),
(3) dem das Sehobjekt rezipierenden (sampaṭicchana) Geist-Element,
(4) dem dasselbe prüfenden (santīraṇa) Geistbewusstseins-Element,
(5) dem dasselbe festlegenden (votthapana) Geistbewusstseins-Element,
(6) den 5 bis 7 karmischen Impulsivmomenten (javana)
(7) und schließlich dem das Objekt registrierenden (tad-ārammaṇa) Geistbewusstseins-Element,

worauf das Objekt ins Unterbewusstsein versinkt


1.3. LAUTERES BEWUSSTSEIN (sobhana-citta: sahetuka-citta)
§11 Die von den üblen Wurzeln (Gier, Hass, Verblendung) freien Bewusstseinsklassen bezeichnet man als lauter; von solchen gibt es (in allen Sphären) insgesamt 59 bzw. 91.

Der vom Autor [Anuruddha] eingeführte Begriff sobhana (leuchtend, schon, lauter) soll also nicht bloß (a) die karmisch- heilsamen (kusala), d. i. moralischen Zustände umfassen, sondern auch die diesen entsprechenden (b) karmagewirkten (vipāka) und (c) karmisch-unabhängig funktionierenden (kiriya) Zustände, welche letzteren beide nach dem Abhidhamma karmisch-neutral (avyākata), d i. amoralisch sind. Vgl. Tab.I.

In der Sinnessphäre gibt es 24 (3 x 8) wurzelverbundene Bewusstseinsklassen:
1.3.1 acht karmisch-heilsame (kusala),
1.3.2 acht durch heilsames Karma gewirkte (kusala-vipāka),
1.3.3 acht karmisch-unabhängig funktionierende (des Arahat)

[Weitere Kommentierung - lauteres Bewusstsein ]


1.3.1 Acht karmisch-heilsame (kusala) (maha-kusala citta}
Die 8 heilsamen Bewusstseinsklassen bestehen in uneigennützigen (alobha) und von Gehässigkeit freien (adosa) Willensäußerungen oder Karmazuständen in Werken, Worten oder Gedanken. Sind diese außerdem noch mit dem Wissen (amoha) vom Karmagesetz verbunden oder mit dem Wissen, dass solche selbstlosen Willensäußerungen die Grundlage zur Erlösung bilden usw., oder gar mit der gleichzeitigen Einsicht in die Vergänglichkeit, das Elend oder die Unpersönlichkeit aller Daseinsformen, so sind sie (1, 2, 5, 6) natürlich karmisch noch bei weitem wertvoller.

Dieses sind:
Rein mit freude-begleitet, wissen-verbunden und spontan
sobhana-somanassa/pañña/a-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet, wissen-verbunden und angeregt
sobhana-somanassa/pañña/sa-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana somanassa/ohne pañña/a-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana somanassa/ohne pañña/sa-saṅkhārika
Rein mit indifferenz-begleitet und wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana upekkhā vedanā/pañña/a-saṅkhārika
Rein mit indifferenz-begleitet und wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana upekkhā vedanā/pañña/sa-saṅkhārika
Rein indifferenz-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana upekkhā vedanā/ohne pañña/a-saṅkhārika
Rein indifferenz-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana upekkhā vedanā/ohne pañña/sa-saṅkhārika

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Abb. 1.3.1: = citta mit positivem Gefühl; = citta mit neutralem Gefühl
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Wenn z.B. ein unmündiges Kind beim Anblick eines um Almosen gehenden Mönches oder eines Bettlers, ohne den hohen moralischen Wert des Almosengebens zu verstehen, ohne jede Anregung durch andere, ganz aus sich heraus, voller Freude von seinem eigenen Essen jenem etwas abgibt, so gehört der dabei anwesende Bewusstseinszustand der 3. Klasse an; wurde das Kind aber durch andere zum Geben veranlasst, so handelt es sich dabei um die 4. Klasse.



1.3.2 Acht durch heilsames Karma gewirkte (kusala-vipāka)} maha-vipāka-citta
Die karmagewirkten lauteren Bewusstseinsklassen funktionieren entweder als Registrier-Bewusstsein oder bloß als Unterbewusstsein (bhavaṅga) und als das diesem entsprechende Sterbe- (cuti-citta) und Wiedergeburts- Bewusstsein (paṭisandhi-citta), selbst im Arahat, und geben so dem Menschen den Charakter.

Dieses sind:
Rein mit freude-begleitet, wissen-verbunden und spontan
sobhana-somanassa/pañña/a-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet, wissen-verbunden und angeregt
sobhana-somanassa/pañña/sa-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana somanassa/ohne pañña/a-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana somanassa/ohne pañña/sa-saṅkhārika
Rein mit indifferenz-begleitet und wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana upekkhā vedanā/pañña/a-saṅkhārika
Rein mit indifferenz-begleitet und wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana upekkhā vedanā/pañña/sa-saṅkhārika
Rein indifferenz-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana upekkhā vedanā/ohne pañña/a-saṅkhārika
Rein indifferenz-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana upekkhā vedanā/ohne pañña/sa-saṅkhārika

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Abb. 1.3.2: = citta mit positivem Gefühl; = citta mit neutralem Gefühl
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Es ist mir hierbei nicht ganz klar, warum nicht ebenso auch den 12 unheilsamen Bewusstseinsklassen unlautere Zustände entsprechen sollten. Vielleicht wirken dabei das Fehlen der 3 lauteren Wurzeln (Gierlosigkeit = Uneigennützigkeit, Maßlosigkeit = Güte, Unverblendung = Wissen) im Unterbewusstsein des durch unheilsames Karma Wiedergeborenen und die mit dem Unterbewusstsein verbundenen unerwünschten Objekte wie eine Tendenz zum Bösen. Der Mangel an Uneigennützigkeit (alobha) im Unterbewusstsein wird sich wohl in den gegebenen Fällen meist als Gier äußern, Mangel an Güte (adosa) als Hass, Mangel an Wissen (amoha) als Verblendung. Vgl. § 56.


1.3.3 Acht karmisch-unabhängig funktionierende (des Arahat) maha-kiriya-citta
Alle im Arahat während des Lebens aufsteigenden lauteren Bewusstseinszustände gelten als karmisch- unabhängig funktionierend (kiriya); für ihn gibt es kein, sein künftiges Geschick beeinflussendes, heilsames oder unheilsames Karma mehr, da eben alle Daseinsgier und aller Daseinswahn in ihm restlos erloschen sind.

Dieses sind:
Rein mit freude-begleitet, wissen-verbunden und spontan
sobhana-somanassa/pañña/a-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet, wissen-verbunden und angeregt
sobhana-somanassa/pañña/sa-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana somanassa/ohne pañña/a-saṅkhārika
Rein mit freude-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana somanassa/ohne pañña/sa-saṅkhārika
Rein mit indifferenz-begleitet und wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana upekkhā vedanā/pañña/a-saṅkhārika
Rein mit indifferenz-begleitet und wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana upekkhā vedanā/pañña/sa-saṅkhārika
Rein indifferenz-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar spontan
sobhana upekkhā vedanā/ohne pañña/a-saṅkhārika
Rein indifferenz-begleitet und nicht wissen-verbunden, und zwar angeregt
sobhana upekkhā vedanā/ohne pañña/sa-saṅkhārika

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Abb. 1.3.3: = citta mit positivem Gefühl; = citta mit neutralem Gefühl
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[Diese acht cittas (17 bis 24) finden sich nur beim arahat]


ZUSAMMENFASSUNG (1.3.1 bis 1.3.3)
Diese drei Achtergruppen von lauteren Bewusstseinsklassen sind alle mit den gleichen Geistesfaktoren verbunden, wie wir später sehen werden.

Mit Hinsicht auf Gefühl (freude- oder indifferenz- begleitet), Wissen (wissen- oder nicht wissen- verbunden) und Vorbereitung (spontan oder angeregt) zerfallen also diese wurzelverbundenen verdienstvollen (oder heilsamen), karmagewirkten und karmisch- unabhängig funktionierenden Zustände in 24 (3 x 8) Bewusstseinsklassen.


1.4. ZUSAMMENFASSUNG
§12 In der Sinnessphäre gibt es somit:

23 karmagewirkte (vipāka):
    15 wurzelfreie [vgl. Abschnitte 1.2.1 und 1.2.2] + 
     8 wurzelverbundene [vgl. Abschnitt 1.3.1]),
20 heilsame und unheilsame
     8 kusala [vgl. Abschnitt 1.3.1] + 
    12 akusala [vgl. Abschnitte 1.1.1 bis 1.1.3]),
11 karmisch-unabhängig funktionierende (kiriya):
    3 wurzelfreie [vgl. Abschnitt 1.2.3] +
    8 wurzelverbundene [vgl. Abschnitt 1.2.3])
54 Bewusstseinsklassen insgesamt.

[Weitere Kommentierung - Sinnesbewusstseins als Ganzes: ]



2. ÜBERNORMALES BEWUSSTSEIN (mahaggata-citta)
§13 Als übernormal (mahaggata, eigentlich entfaltet, entwickelt) gelten die durch unerschütterliche Konzentration gewonnenen übersinnlichen Vertiefungszustände der Feinkörperlichen und Unkörperlichen Sphäre (s. Tab.I. Wth.: jhāna).

[Weitere Kommentierung - übernormales Bewusstsein ]


2.1. FEINKÖRPERLICHE SPHÄRE - rūpâvacara

§ 14 Es gibt insgesamt 15 (3 x 5) der Feinkörperlichen Sphäre angehörende Bewusstseinsklassen:
5 karmisch heilsame (kusala),
5 karmagewirkte (vipāka)
5 karmisch-unabhängig funktionierende (kiriya)

Das von Gedankenfassung (vitakka), Diskursivem Denken(vicāra), Verzückung (pīti), Glücksgefühl (sukha) und Sammlung (ekaggatā, wörtlich 'Einspitzigkeit' = samādhi) begleitete Bewusstsein der ersten Vertiefung (jhāna).
Das von Diskursivem Denken, Verzückung, Glücksgefühl und Sammlung begleitete Bewusstsein der zweiten Vertiefung.
Das von Verzückung, Glücksgefühl und Sammlung begleitete Bewusstsein der dritten Vertiefung.
Das von Glücksgefühl und Sammlung begleitete Bewusstsein der 4. Vertiefung.
Das von Gleichmut (upekkhā) und Sammlung begleitete Bewusstsein der 5. Vertiefung.


[Fünf heilsame Vertiefungen (citta 1 bis 5); darüber hinaus gibt es noch 5 gewirkte Vertiefungen (citta 6 bis 10) und karmisch unabhängige (citta 11 bis 15) mit gleichen Geistesfaktoren.]

Die hier gegebene Fünfereinteilung der Vertiefungen (jhāna; s. B.Wtb.) ist die im Abhidhamma meistgebräuchliche. Der darin als 2. Vertiefung angegebene Zustand ergibt sich hierbei in Wirklichkeit durch Ausschaltung bloß des ersten Gliedes 'Gedankenfassung' (vitakka) statt der beiden ersten Glieder 'Gedankenfassung' und 'Diskursives Denken', wie es der Fall ist bei der in den Sutten gelehrten 2. Vertiefung. Die hier gegebene 1., 3., 4. und 5. Vertiefung entsprechen also der Reihe nach den in den Sutten gelehrten vier Vertiefungen.

Das der Feinkörperlichen Sphäre angehörende Bewusstsein ist demnach gemäß der Einteilung in die Vertiefungen fünffach und durch die weitere Einteilung in verdienstvoll (heilsam), karma- gewirkt und karmisch- unabhängig funktionierend fünfzehnfach.

[Weitere Kommentierung - feinstoffliches Bewusstsein ]
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2.2. UNKÖRPERLICHE SPHÄRE - arūpâvacara
§15 Es gibt insgesamt 12 (4 heilsame, 4 karma-gewirkte und 4 karmisch- unabhängig funktionierende) der Unkörperlichen Sphäre angehörende Bewusstseinsklassen,

nämlich:
Bewusstsein des Raumunendlichkeitsgebietes(akasanañcayatana),
Bewusstsein des Bewusstseinsunendlichkeitsgebietes (viññanañcayatana),
Bewusstsein des Nichtsheitsgebietes (akiñcaññdyatana),
Bewusstsein des Weder-Wahrnehmung
                           - Noch – Nichtwahrnehmungsgebietes (nevasaññanasaññayatana).

Mit Hinsicht auf Einteilung nach den Objekten ist also das der Unkörperlichen Sphäre angehörende Bewusstsein vierfach, nach der weiteren Einteilung in verdienstvoll (heilsam), karma-gewirkt und karmisch-unabhängig funktionierend zwölffach.

Puñña (verdienstvoll) wird hier offenbar 'metri causa' für kusala (karmisch-heilsam) gebraucht, denn sonst, und zwar in den Sutten sowohl als auch im Abhidhamma, bezeichnet es alles Karmisch- Heilsame mit Ausnahme eben gerade des Unkörperlichen, das stets als 'unerschütterlich' (āneñja) bezeichnet wird.

[Weitere Kommentierung - unstoffliches Bewusstsein ]

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3. DAS ÜBERWELTLICHE - lokuttara
§16 Es gibt insgesamt 8 (2 x 4) überweltliche Bewusstseinsklassen,
4 überweltlich-heilsame (1-4)
4 überweltlich - karmagewirkte (5-8)

nämlich:
Mit dem Pfade des Stromeintritts (sotâpatti-magga) verbundenes Bewusstsein,
mit dem Pfade der Einmalwiederkehr (sakadāgāmī-magga)verbundenes Bewusstsein,
mit dem Pfade der Niewiederkehr (anāgāmī-magga) verbundenes Bewusstsein,
mit dem Pfade der Arahatschaft (arahatta-magga) verbundenes Bewusstsein,
mit der Frucht des Stromeintritts (sotâpatti-phala) verbundenes Bewusstsein,
mit der Frucht der Einmalwiederkehr (sakadāgāmī-phala)verbundenes Bewusstsein,
mit der Frucht der Niewiederkehr (anāgāmī-phala) verbundenes Bewusstsein,
mit der Frucht der Arahatschaft (arahatta-phala) verbundenes Bewusstsein.


Nach Einteilung in die vier Pfade gilt das überweltlich-heilsame Bewusstsein als vierfach und ferner aufgrund der Früchte als achtfach.

Nach dem Abhidhamma ist der überweltliche Pfad (magga) eine Bezeichnung für den, beim Eintritt in eine der 4 Stufen der Heiligkeit aufblitzenden und das Leben für immer umgestaltenden, Hellblick in die Vergänglichkeit, das Elend oder die Unpersönlichkeit alles Daseins. Die unmittelbar darauf als Wirkung folgenden und bis zur Erreichung der höheren Pfadmomente unter Umständen noch unzählige Male sich wiederholenden Bewusstseinsmomente gelten als das Ziel oder die Frucht (phala) des entsprechenden Pfades.
  1. Der in den Strom Eingetretene (sotâpanna) ist frei von den ersten 3 der an den Kreislauf des Daseins kettenden 10 Fesseln (samyojana), nämlich: 1. Persönlichkeitsglaube (sakkāya-diṭṭhi), 2. Zweifelsucht (vicikicchā) und 3. Hang an äußeren Regeln und Riten (sīlabbata-parāmāsa).
  2. Der Einmalwiederkehrende (sakadāgāmī) ist frei von der 4. und 5. Fessel in ihrer gröberen Form, d.i.: 4. Sinnliches Begehren (kāma-rāga) und 5. Übelwollen (vyāpāda).
  3. Der Niewiederkehrender (anāgāmī) ist vollkommen frei von diesen ersten 5 niederen Fesseln.
  4. Der Heilige (arahat) ist außerdem auch vollkommen befreit von den 5 höheren Fesseln, d.i.: 6. Begehren nach Feinkörperlichkeit (rūpa-rāga), 7. Begehren nach Unkörperlichem Dasein (arūpa-rāga), 8. Dünkel (mana), 9. Aufgeregtheit (uddhacca), 10. Unwissenheit(avijjā).


[Weitere Kommentierung - überweltliches Bewusstsein ]

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4. GESAMTÜBERSICHTEN ZUM BEWUSSTSEIN
   4.1 Gesamtübersicht citta nach kamma-Einteilung
   4.2 Gesamtübersicht citta nach Welten-Einteilung
   4.3 Gesamtübersicht citta nach 121 -Einteilung
   Fussnoten

4.1 Gesamtübersicht citta nach kamma-Einteilung
§17 Es gibt:
AnzahlBewusstseinsklassecittas im Einzelnen
21 Karmisch-heilsame
Bewusstseinsklassen
8 der Sinnessphäre +
5 der Feinkörperlichen Sphäre +
4 der Unkörperlichen Sphäre +
4 überweltliche
12 karmisch-unheilsame8 in Gier +
2 in Hass +
2 in Verblendung wurzelnde
36karmagewirkte15 wurzelfreie +
8 wurzelverbundene der Sinnessphäre +
5 der Feinkörperlichen Sphäre +
4 der Unkörperlichen Sphäre +
4 überweltliche
20karmisch-unabhängig
funktionierende
3 wurzelfreie +
8 wurzelverbundene der Sinnessphäre +
5 der Feinkörperlichen Sphäre +
4 der Unkörperlichen Sphäre
89alle Klassen 89 cittas (Vgl. Tab.I.).


4.2 Gesamtübersicht citta nach Welten-Einteilung
Oder:
Anzahl*Anzahl**Bewusstseinsklasse
54 54der Sinnessphäre,
15 15der Feinkörperlichen Sphäre,
12 12der Unkörperlichen Sphäre,
  8 40der Überweltlichen Sphäre;
89121alle Welten

* Anzahl nach 89 -iger Klassifikation: Einteilung ohne Aufteilung der 4 Pfad und 4 Fruchtmomente in feinstoffliche Zustände;
Anzahl nach 121-Klassifikation: Einteilung ohne Aufteilung der 4 Pfad und 4 Fruchtmomente in feinstoffliche Zustände


4.3 Gesamtübersicht citta nach 121 -Einteilung
§18 Diese 89 Bewusstseinsklassen zerlegen die Kenner in 121 Klassen. Wie aber wird dieses 89-fache Bewusstsein 121-fach? Durch Verbindung mit der 1., 2., 3., 4. und 5. Vertiefung ergeben sich 5 Klassen des Stromeintritt-Bewusstseins, ebenso viele der Einmalwiederkehr, Niewiederkehr und Heiligkeit, insgesamt also 20 Klassen. Genauso ist es mit den Frucht Bewusstseinsklassen, so dass wir insgesamt 40 überweltliche Bewusstseinsklassen erhalten.

Teilt man also jede einzelne der 8 überweltlichen Bewusstseinsklassen nach den damit verbundenen Vertiefungsgliedern in 5 Klassen ein, so erhält man 40 (8 x 5) überweltliche Bewusstseinsklassen (insgesamt also 121 Bewusstseinsklassen).
Das überweltliche Bewusstsein muss genauso gerechnet werden wie das der Feinkörperlichen Sphäre angehörende.
Hinsichtlich der Reihenfolge der Vertiefungen ist das der Unkörperlichen Sphäre angehörende Bewusstsein in der 5. Vertiefung eingeschlossen (denn jenes hat genau dieselben Vertiefungsglieder wie die 5. Vertiefung, nämlich Gleichmut und Sammlung). Daher wird jede der vier ersten Vertiefungen als 11-fach erklärt, die 5. Vertiefung aber als 23-fach:

 rūpa- + arūpa-vacara + lokuttara
1. Vert.
2. Vert.
3. Vert.
4. Vert.
5. Vertr.
Gesamt
feinstofflich -heilsam                   
1
1
1
1
1
5
      "        -karmagewirkt           
1
1
1
1
1
5
      "        -karmisch-unabhängig 
1
1
1
1
1
5
unstofflich  -heilsam                    
-
-
-
-
4
4
      "        -karmagewirkt            
-
-
-
-
4
4
      "        -karmisch-unabhäng    
-
-
-
-
4
4
überweltlich-heilsam                  
4
4
4
4
4
20
      "        -karmagewirkt          
4
4
4
4
4
20
zusammen                              
11
11
11
11
23
67

[Abb. 4.3-1 121iger-Klassifikation: Die feinstoffliche-, unstoffliche- und überweltliche Welt mit insgesamt 67 cittas.
Die Besonderheit gegenüber der 89iger Klassifikation des Bewusstseins ist, dass: die Pfad- und Fruchtmomente in die fünf feinstofflichen Versenkungszustände mit insgesamt 40 cittas (4 Fuchtmomente mal 5=20 + 4 Pfadmoment mal 5 = 20) aufgeteilt werden; in der 89iger Klassifikation ist das nicht der Fall)]

Die Weisen also lehren:
AnzahlBewusstseinsklasseAnzahl nach Sphären
37heilsame (kusala)8 Sinnessphäre +
5 Feinkörperliche Sphäre +
4 Unkörperliche Sphäre +
20 überweltliche
52karmagewirkte (vipāka)23 Sinnessphäre +
5 Feinkörperliche Sphäre +
4 Unkörperliche Sphäre +
20 überweltliche
12unheilsame (akusala)12 Sinnessphäre
20karmisch-unabhängig
funktionierende (kiriya)
11 Sinnessphäre +
5 Feinkörperliche Sphäre +
4 Unkörperlichen Sphäre
121insgesamt 54 Sinnessphäre
15 Feinkörperliche Sphäre
12 Unkörperliche Sphäre
40 überweltliche (lokuttara)(Vgl. Tab.I. Anhang).