Definition & Überblick


Abhidhamma: Wörtliche Bedeutung: Höhere Lehre. Dritter Teil des Tipiṭaka (Dreikorbs) des Pāḷi-Kanons, auf den sich primär der Theravāda-Buddhismus beruft.

Der Abhidhamma ist eine Systematisierung der buddhistischen Lehre, ein frühestes Kompendium buddhistischer Philosophie, Psychologie und Erfahrung, in dem die Lehren des Buddha und seiner Hauptschüler analysiert, geordnet und systematisiert wurden.

Alle geistigen und körperlich-materiellen Prozesse werden mit Hilfe der »dhammas«, letztendlicher Realitäten, erklärt und in einen logischen, nachvollziehbaren und praktisch anwendbaren Ursache-Wirkungszusammenhang gebracht.

Tipitaka Palmblätter-BuchMarmor-Tafel mit Pali-Inschrift
Der Abhidhamma unserer Theravāda-Schule besteht aus 7 Büchern, ist in Pāḷi verfasst und genießt vor allem in Myanmar (Burma) höchste Beachtung.

Der Abhidharma der Sarvastivāda-Schule (einer späteren Hinayāna- bzw. Dhammayāna-Schule am Übergang zum Mahāyāna), in Sanskrit verfasst, besteht wie der Abhidhamma ebenfalls aus 7 Büchern, die aber z.T. beträchtlich von diesem abweichen. Er ist nur in tibetischen und chinesischen Übersetzungen erhalten.


Der Abhidhamma behandelt die Wirklichkeit und erklärt die "Dinge" so wie sie wirklich sind.

Generell werden im Buddhismus zwei Wahrheiten oder zwei Ebenen der Wahrheit unterschieden:
1. Die konventionelle Wahrheit (sammuti sacca)
2. Die letztendliche Wahrheit (paramattha sacca)

Die konventionelle Wahrheit behandelt die Konzepte oder Vorstellungen (paññatti), von denen es unzählig viele gibt, die zum Großteil angelernt, anerzogen, dem Zeitgeist und der Kultur unterworfen sind. Der Buddha verwandte die konventionelle Sprache im Vinaya und in den meisten Sutten, die er ja ganz gezielt einem Menschen oder einer Gruppe Menschen mit einem speziellen Problem und bestimmten Vorkenntnissen hielt. Typische Konzepte sind: Ich, du, Mann, Frau, Hund, Katze, Tisch, Stuhl, Haus, Auto, Baum, Berg…

Die letztendliche Wahrheit geht den Dingen auf den Grund und handelt von den Wirklichkeiten oder Realitäten (paramattha-dhammas), die wir ganz direkt selbst erfahren können, die uns selbst, andere Lebewesen und unbelebte Dinge ausmachen. Diese Wirklichkeiten sind zeitlos und kulturunabhängig. Der Abhidhamma lehrt fast ausschließlich diese "paramattha-dhammas", geistige und körperlich-materielle Phänomene (nāma-rūpa) ihre bedingte, flüchtige Natur, wie sie entstehen und vergehen und wie sie miteinander in Beziehung stehen.

HERKUNFT UND LEGENDE

Nach der in weiten Theravāda-Kreisen akzepzierten Geschichte oder Legende lehrte der Buddha den Abhidhamma im 7. Jahr nach seiner Erleuchtung. Er besuchte während der Regenzeit drei Monate lang täglich die Gottheiten (devas) im Tāvatiṃsā-Himmel, wo auch seine verstorbene Mutter weilte, und lehrte sie den Abhidhamma sehr gründlich. Jeden Morgen kam der Buddha allerdings herunter auf diese Welt, um seine Almosen-Mahlzeit zu sammeln, denn als "normaler" Mensch brauchte er seine Nahrung. Er ging in Uttarakuru, dem nördlichen Kontinent, auf Almsoengang und rastete nach dem Essen unter einem großen Baum am Ufer des Sees Anotatta.

Der Ehrwürdige Sāriputta, einer der Hauptschüler des Buddha, war dann bei ihm und versorgte ihn mit Wasser. Bei dieser Gelegenheit fasste der Buddha für Sāriputta zusammen, was er im Götterhimmel gelehrt hatte.

Buddha beim Abstieg vom GötterhimmelNach den drei Monaten kehrte der Buddha am Voll-mondtag endgültig zurück in die Menschenwelt und dieser Tag wird auch heute noch in Theravāda-Ländern, insbe-sondere Myanmar (Burma), als "Abhidhamma-Tag" gefeiert - der Vollmondtag im Oktober/November, der auch gleichzeitig das Ende des Regenzeit-Retreats (vassa) der Mönche darstellt.

Der Ehrwürdige Sāriputta lernte den Abhidhamma also verkürzt vom Buddha, lehrte ihn seinen Mönchs-Schülern und brachte ihn so in die Menschenwelt.

Einige Gelehrte gehen auch tatsächlich davon aus, dass der Abhidhamma ein Werk Sāriputtas ist, denn dieser Hauptschüler des Buddha ist für sein exzellentes Wissen und seine analytische Fähigkeit bekannt, die auch in vielen Sutten besticht und sogar vom Buddha selbst hervorgehoben wurde.

Wahrscheinlich ist der Abhidhamma in seiner heutigen Form ein späteres Werk. Aber die Essenz war zumindest vorhanden. Wer anderes als ein Sammasam-Buddha könnte auch ein solch mächtiges, tiefgründiges Werk zusammentragen, das eigener, tiefster Einsicht und Erkenntnis entspringt - das wird einem immer deutlicher, je mehr man sich darin vertieft und vordringt.

Das 5. Abhidhamma-Buch allerdings, das Kathāvatthu (Streitpunkte der Lehre), behandelt die Irrlehren der im zweiten Jahrhundert nach Buddha bestehenden siebzehn Sekten und ist definitiv jünger. Es wurde von Moggaliputta-Tissa Thero verfasst und auf dem von König Asoka zusammengerufenen dritten Konzil zu Pataliputta, im Jahre 309 v. Chr., vorgetragen. Die anderen Abhidhamma-Bücher müssen auf jeden Fall damals schon existiert haben.

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